Notfallseelsorge

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Die Notfallseelsorge wendet sich an alle Menschen und deren Angehörige in Krankheitssituationen, unabhängig von ihrer Lebens- & Glaubensorientierung. Außerdem begleitet sie auch das Klinikpersonal in Krisensituationen durch Gespräche oder rituelle Handlungen. Sie bewegt sich in einem interkulturellen und multireligiösen Raum, unterliegt der Schweigepflicht und ist nicht den Kliniken zur Auskunft verpflichtet! In den Kliniken gibt es in der Regel eine ökumenische Kooperation, vor allem mit der katholischen Kirche.

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Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

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Taufe von Flüchtlingen

"Der christliche Glaube ist ein gutes Gefühl"

Christian VolkIm Taufkurs bereiten sich die Asylsuchenden auf die Taufe vorIm Taufkurs bereiten sich die Asylsuchenden auf die Taufe vor

Sie kommen aus unterschiedlichen Regionen des Mittleren Ostens und haben eines gemeinsam – sie wollen sich taufen lassen. Am Pfingstsonntag werden sieben Flüchtlinge in der Frankfurter Nord-Ost-Gemeinde als Mitglieder der evangelischen Kirche aufgenommen. Warum wollen sie diesen Schritt gehen?

Christian VolkZwei Bibeln: In deutscher und in persischer SpracheZwei Bibeln: In deutscher und in persischer Sprache

Eine kleine Gruppe Menschen sitzt in einem Seminarraum der evangelischen Nord-Ost-Gemeinde in Frankfurt. In einem Halbkreis haben sie die Stühle um gebogene Tische gestellt, vor ihnen Süßigkeiten und Getränke. In ihren Händen halten sie eine aufgeschlagene Bibel – in persischer Sprache. Ihre Blicke richten sie aber auf Pfarrer Andreas Hannemann. Er steht vor einem Flipchart: malt, schreibt, beschreibt. 

Fragen, die Menschen bewegen

Die sieben Menschen, die hier im Halbkreis sitzen, wollen an Pfingsten getauft werden. Das Besondere: Sie sind Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Iran – und mit dem Glauben an die Lehren des Islam aufgewachsen. Pfarrer Andreas Hannemann hat sie mit offenen Armen in einem Taufkurs aufgenommen. „Wir bieten in der Gemeinde regelmäßig Glaubensgrundkurse an. Von daher liegt es mir, in elementarer Sprache über den christlichen Glauben zu reden“, erzählt er. 

Und doch ist es eine ungewohnte Situation. Ein Teilnehmer fragt, wieso es Leid auf der Welt gibt und ob Gott ein gerechter Gott ist. Die anderen wirken konzentriert, schauen den Pfarrer aufmerksam an. Andreas Hannemann versucht zu erklären, dass Gott für jeden Menschen ein gerechtes Leben will. Er spricht langsam, deutlich, fast schon zu laut. Nach einigen Sätzen übernimmt eine Dolmetscherin und übersetzt die Worte des Pfarrers ins Persische. Nun beginnen die Teilnehmer zu nicken, diskutieren lange miteinander. Es entsteht ein lebhafter Gedankenaustausch. 

Diskussionen über ökumenische und interreligiöse Themen

„Gerechtigkeit ist ein großes Thema für die Flüchtlinge. Sie fragen sich, ob diejenigen, wegen denen sie aus ihrer Heimat fliehen mussten, irgendwann eine Bestrafung für ihr Verhalten erfahren“, sagt Hannemann.
Bei der Gestaltung des Taufkurses orientiert sich der Pfarrer der Nord-Ost-Gemeinde an den Inhalten des Konfirmandenunterrichts. Themen sind unter anderem die Schriften der Bibel, Gebete und Gottesdienste. Aber auch an eher kleineren Themen sind die Taufbewerber laut Hannemann interessiert: „Wir haben fast zwei Stunden über den Unterschied zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche diskutiert.“ 

Im Vordergrund stehen bei den Unterrichtseinheiten auch immer die Unterschiede zwischen dem christlichen Glauben und dem Islam. Hierbei will Hannemann aber nicht gegen den Islam argumentieren, sondern vielmehr beide Standpunkte deutlich machen. 

Persönliche Erfahrungen formen den Glauben

Kaveh  sticht aus der Gruppe heraus. Er redet viel, wirkt besonders interessiert, hat zu jedem Thema einen Standpunkt. Kaveh ist 23 Jahre alt und mit seinem Bruder und den Eltern im Taufkurs in der Nord-Ost-Gemeinde. Aus dem Iran flohen sie über das Mittelmeer nach Deutschland. Viele Verwandte waren bereits im Iran Christen – auf die Abkehr vom Islam steht dort die Todesstrafe. So machte Kaveh bereits in frühen Jahren seine ersten Erfahrungen mit dem christlichen Glauben. 

„Auf der Flucht waren wir dann in einem kleinen Boot auf dem Mittelmeer. Das Boot war total überfüllt und dann gerieten wir in Seenot. Da war ein Loch im Boot. Mein gläubiger  Onkel, der in Holland wohnt, hat mir gesagt, dass ich in so einer Situation zu Jesus und Gott beten soll. Das habe ich getan und wir haben es überstanden“, erzählt der 23-Jährige Iraner. Während er es beschreibt, wirkt er ruhig, aber bestimmt. Er redet nicht zum ersten Mal über die Situation damals im Mittelmeer, die ihn und seine Familie beinahe das Leben gekostet hätte. Diese Erfahrung mit Gott war sein Beweggrund, in den Taufkurs der Nord-Ost-Gemeinde zu kommen.

Traum und Realität

Aliyeh, die ihm gegenüber sitzt, scheint sichtlich beeindruckt. Sie ist ebenfalls aus dem Iran geflohen und nun alleine in Deutschland. Anders als Kaveh und seine Familie hatte sie keinen spirituellen Zugang zum Christentum: „Mein Traum war immer, in einer Kirche zu heiraten – in einem schönen weißen Kleid – als Prinzessin.“ Die anderen Teilnehmer schmunzeln. Ihre dunkelbraunen Augen glänzen, während sie davon erzählt. Aus dem anfänglichen Traum hat sich viele  stundenlange Unterrichtseinheiten später eine Überzeugung entwickelt: „Der christliche Glaube ist ein gutes Gefühl, das ich jeden Tag bei mir trage. Es macht Spaß, in der Gruppe darüber zu reden“, sagt die 24-Jährige. 

Die Taufe als Asylgrund?

Wenn an Pfingstsonntag die sieben Flüchtlinge im Gottesdienst getauft werden, könnten sie dadurch eine bessere Chance auf Asyl in Deutschland haben. Das ist allerdings keinesfalls sicher, denn die zuständigen Ämter entscheiden erst nach sorgfältiger Prüfung. Im Taufkurs selbst ist die Taufe als Asylgrund zu Beginn ein Thema gewesen. Pfarrer Hannemann klärte die Teilnehmer auf, dass der Übertritt zum christlichen Glauben nicht gleichzeitig mit einem anerkannten Asylantrag einhergehe. „Ich habe mir vorgenommen,  das Herz und die Seele dieser Menschen nicht zu beurteilen. Das mache ich bei anderen Gemeindemitgliedern auch nicht. Wenn ich alle Hintergründe, mit denen Menschen Glaubensdinge ausführen, auswerten und beurteilen wollte, könnte ich meinen Dienst nicht mehr machen“, erzählt der 47-Jährige.

Motivation zur Taufe in Gesprächen thematisieren

An diesem Punkt setzt auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) an. Keine Gemeinde gehe leichtfertig mit Taufbegehren um, sagt Volker Rahn, Pressesprecher der EKHN. „Auf der einen Seite wird immer sorgfältig geklärt, was hinter dem Taufbegehren steckt, auf der anderen Seite sollte es aber nicht zu einer inquisitorischen Gewissenskontrolle werden“, führt er weiter aus. Die EKHN schätzt, dass sich seit Anfang des Jahres etwa 100 Asylsuchende im Kirchengebiet haben taufen lassen. Um mit der steigenden Anzahl der Taufen von Asylsuchenden umgehen zu können, hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) eine Handreichung für die Kirchengemeinden herausgegeben, die auch die EKHN empfiehlt. 

Grundsätzlich sei die Taufe von erwachsenen Asylsuchenden allerdings nichts anderes als die Taufe von anderen Erwachsenen. Bei Asylsuchenden sollen sich die Kirchengemeinden allerdings der Verantwortung bewusst sein und diese durch persönliche Gespräche besser kennen lernen. Zudem sollen die Flüchtlinge von der Gemeinde begleitet und unterrichtet werden. „Mit einem Bibelvers und Wasser ist es nicht getan“, bekräftigt Volker Rahn.

Wenn Pfarrer Andreas Hannemann von seiner Flipchart aufblickt und in die nachdenklichen Gesichter der Teilnehmer des Taufkurses schaut, ist er glücklich. Er freut sich, wenn er Gedankengänge anstoßen kann und das, was er sagen will, bei den Flüchtlingen ankommt – nämlich: „Jeder kann sich diesem Gott anvertrauen.“

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[Christian Volk]

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