Notfallseelsorge

Unser Angebot

Die Notfallseelsorge wendet sich an alle Menschen und deren Angehörige in Krankheitssituationen, unabhängig von ihrer Lebens- & Glaubensorientierung. Außerdem begleitet sie auch das Klinikpersonal in Krisensituationen durch Gespräche oder rituelle Handlungen. Sie bewegt sich in einem interkulturellen und multireligiösen Raum, unterliegt der Schweigepflicht und ist nicht den Kliniken zur Auskunft verpflichtet! In den Kliniken gibt es in der Regel eine ökumenische Kooperation, vor allem mit der katholischen Kirche.

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Blog aus Italien - Teil 6 und Schluss

Europa, wohin gehst du?

bbiewGraffiti auf Sizilien: "Alle unter dem selben Himmel"

"Europa mit menschlichem Antlitz" lautet das Motto einer Begegnungsreise durch Sizilien, die das Zentrum Oekumene und die Diakonie Hessen organisiert haben. Was hat die Begegnungsreise gebracht? Zeit für eine erste Bilanz.

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Wenn es einen Wettbewerb gebe, wo sich die schlimmste Hölle auf Erden befinde, wäre Libyen vermutlich ein ganz heißer Kandidat. 85 Prozent der aus dem nordafrikanischen Land kommenden Flüchtlinge haben nach Angaben von Medu, der Organisation italienischer Ärzte für Menschenrechte, Gewalt erfahren. „Die Gewalt zerstört den Körper, die Psyche und das Vertrauen in Menschen, weil es Menschen sind, die den Flüchtlingen dies antun“, sagt uns Valentina von Medu. Die Psychologin betont, dass fast alle, die Italien erreichen, post-traumatische Symptome zeigen.

Medu behandelt Geflüchtete im Centro Polifunzionale der sizilianischen Stadt Ragusa. Dort gibt es zudem eine breite Palette von Unterstützungsangeboten wie Sprach- und Computerkurse, eine Nähwerkstatt, ein Gartenkräuterprojekt oder von der Umweltorganisation Legambiente organisierte Freiwilligendienste, an denen sich Geflüchtete beteiligen können.

Der Ton gegenüber Geflüchteten ist in Italien rauer geworden. „Es fallen mittlerweile Worte, die vorher nicht gesagt wurden. Auch das ist eine Form von Gewalt“, meint Valentina. Vor zwei Tagen hatte ein junger Afrikaner in Bari Selbstmord begangen.

Ein fast leerer Hotspot

Die letzte Etappe unserer Reise führt uns nach Pozzallo. Dort unterhält das italienische Innenministerium einen Hotspot - ein Ankunfts- und Registrierungszentrum. Dieser Hotspot wirkt wie ein Symbol der veränderten politischen Lage. Nicht nur, das wir keine Besuchserlaubnis bekommen. Erstmals werde eine Gruppe nicht hineingelassen, sagen uns die Freiwilligen vom Casa delle Culture in Scicli, die dort früher regelmäßig Geflüchtete aufgesucht hatten. In dem Hotspot befinden sich auch nur noch rund 50 Geflüchtete, die auf die Weiterreise nach Deutschland warten. Italien hatte die Tore von Pozzallo nur geöffnet, weil andere EU-Länder – darunter Deutschland - die Zusage machten, sie aufzunehmen. Italien selbst will keine neuen Flüchtlinge mehr ins Land lassen.

Statements der Teilnehmer/innen

Eine Woche geballter Eindrücke, zahlreicher Gespräche und Begegnungen. Was hat die Begegnungsreise gebracht? Zeit für eine erste Bilanz. Die Teilnehmenden, die sich ehren- oder hauptamtlich für Geflüchtete einsetzen, haben einiges zu sagen:

„Ich habe auf der Reise hier auf Sizilien viele Initiativen kennengelernt. Trotz 'Heimat-Horst' Seehofer und 'Parassiata' Salvini: Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Schritte tun dann werden sie das Gesicht der Welt verändern. Die Leute, die sich hier auf Sizilien für Geflüchtete engagieren, sind nicht 'klein', sondern sehr groß!“
Peter Schulz, Frankfurt

„Beeindruckend war, dass jede der von uns besuchten Initiativen und Projekte einen ganz besonderen Beitrag zum Miteinander und Füreinander in der Gesellschaft leisten - getragen von Würde und Respekt. Oft unter viel schwierigeren Umständen als in Deutschland. Die Verschiedenheit der Menschen, bei Zugewanderten wie bei Nichtzugewanderten, sollte uns Chance sein lebendige Vielfalt zu leben und miteinander im Diskurs zu bleiben.“
Gertraude Friedeborn, Frankfurt

„Wir haben hier auf Sizilien eine sehr intensive Woche erlebt. Die vielen Begegnungen mit engagierten und couragierten italienischen Flüchtlingshelfern, die sich durch das immer rauhere politische Klima nicht entmutigen lassen und der herzliche Umgang zwischen ihnen und den Migranten wirkten sehr inspirierend und motivierend auf mich. Ich fühle mich weniger hilflos als vor der Reise und gestärkt einfach weiter zu machen.“
Margot Müller, Lorsch

„Mich haben auf dieser Reise die Berichte über ein gewähltes Parlament, das Freiheitsrechte einschränkt und Gesetze verabschiedet, die Menschenrechte beschneiden, zutiefst alarmiert: Europa, wohin gehst du? Die Auswirkungen auf Geflüchtete sind verheerend: Beleidigungen im Alltag, rassistisch geprägte Übergriffe, Diskriminierung bis in die Wortwahl der Presse. Das „Europa mit menschlichem Antlitz“ braucht Mut zu klaren Worten und widerstehendem gemeinsamem Handeln gegen die Kriminalisierung von Menschen, die nichts anderes tun als Jesu Gebot der Nächstenliebe zu praktizieren.“
Sabine Müller-Langsdorf, Offenbach

„Mich hat das große Engagement der Waldenser Kirche beeindruckt, die in so vielen Projekten aktiv ist, der Enthusiasmus der Projektleiter sowie die Motivation der jungen Migranten in den Projekten. Ich habe aber auch die Bedrohung durch die Dekrete von Innenminister Salvini gespürt, wenn zukünftig der Aufenthaltstitel nicht mehr gewährt wird und die Migranten in die Illegalität gedrängt werden. Und die Projekte womöglich nicht mehr fortgesetzt werden können.
Beate Rohkohl-Hildenbrand, Kelkheim

„Besonders berührt haben mich die Gespräche mit Geflüchteten. Es waren sehr emotionale Gespräche, weil Flucht für alle Geflüchteten untrennbar mit äußerst persönlichen Erlebnissen einhergeht. Die Gespräche haben meinen Blick auf Geflüchtete verändert und ich glaube nach dieser Erfahrung, dass man sich nur eine Meinung zu dem Thema „Flucht“ bilden kann, indem man das Gespräch mit den Betroffenen sucht.“
Esther Hug, Frankfurt

„Neben konkreten Projektideen nehme ich persönlich viele Eindrücke vo Leid, Gewalt, Trauer, Ungerechtigkeit und Armut mit, ein Schuldgefühl als  Teil der EU diese Bilder zu verursachen, sowie einen Spirit der Menschlichkeit und des politischen Widerstands, der mir in Zukunft viel Kraft geben wird, weiterzumachen und mich gegen unmenschliche, kapitalistische Systeme jeden Tag aufs Neue zu wehren. Das ganze nach demMotto: Weniger planen, mehr handeln!“
Anna Schwabe, Marburg

„Mich hat die Tatkraft der Waldenser Kirche beeindruckt, die in ihren Projekten steckt. Im Sinne von "lasst uns mal anfangen und dann wird was draus", nämlich dann handeln , wenn es angesagt ist. Die Projekte sind für alle Menschen zugänglich, für Migranten als auch Italiener. ACCOGLIENZA was auf Deutsch so viel heißt wie Willkommen, Unterkunft oder Aufnahme,ist für mich der Rote Faden während dieser Reise. D.h. also Türen und Herzenstüren öffnen, damit die Menschlichkeit nicht verloren geht.“
Tanja Ampatzidis, Gießen

„Integration kann nur gelingen, wenn wir den geflüchteten Menschen nicht nur ein Dach über dem Kopf anbieten, sondern auch eine lebenswerte Zukunft. Bei zukünftigen "Projekten" sollte sehr viel mehr darauf geachtet werden, dass sie nicht nur geflüchteten Menschen offen stehen, sondern allen zugänglich sind. Insbesondere die Kirchengemeinde der Waldenser hat uns diesbezüglich hervorragende Beispiele vorgestellt. Ich bin sehr dankbar für die Begegnungen in den letzten Tagen mit vielen engagierten Menschen und habe viel Mut und Kraft zum Weitermachen daraus geschöpft.“
Regina Hederich, Wetzlar

„Lange begleiten wird mich die Erzählung des älteren Priesters, Don Carlo, wie sich in einer Nacht sein Bild von Kirche völlig gewandelt habe - als nämlich 150 gerade übers Meer Gekommene auf Feldbetten in seiner Kirche schliefen. Er kam noch einmal herein, um nach den Menschen zu sehen. Zu hören war anstelle von Chorälen das Schnarchen der Erschöpften, zu riechen statt Weihrauch der Schweiß der Menschen. Und über allen wachte der gekreuzigte Christus mit weit offenen Armen des Willkommens und des unbedingten Schutzes. So, sagte uns Don Carlo, und nicht anders müsse Kirche sein. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.“
Heike Scherneck, Gießen

„In Deutschland wie in Italien wird eine Gruppe von Menschen für weltweite Probleme verantwortlich gemacht. Ich nehme die Idee eines länderübergreifenden Netzwerks mit nach Hause, z.B. zur Verbreitung des Antirassistischen Manifests. Außerdem will ich in Begegnungen nicht mehr zwischen „ihnen“ und „uns“ unterscheiden. Sitzen wir nicht alle in einem Boot?“
Karen Sondhof, Grünberg

„Die libysche Grenze ist merklich näher gekommen, schockierend: Die Auslagerung der europäischen Grenzen, heraus aus unserer Verantwortung. Die Kriminalisierung von Seenotrettung. Die Finanzierung der so genannten libysche Küstenwache und des Militärs um die Menschen dort in den Camps festzuhalten, in Folter und Menschenhandel. Doch auch helle, stärkende Bilder: Don Carlo, der auf den Gekreuzigten zeigt und sagt - bei reiner Gewalt hilft es nicht, nur zu beten. Widerständige, unabhängige, politische, engagierten Kirchen vor Ort, die Waldenser*innen: Wo angeklopft wird, wird aufgetan - viele bewegende Begegnungen unterschiedlichster Menschen.“
Lydia Katzenberger, Marburg

„Es ist schwer in Worte zu fassen, was ich in wenigen Tagen hier in Sizilien auf unserer Begegnungsreise erlebt habe.Wir trafen auf Menschen wie Marta, die sich auf Lampedusa mit Mediterranean Hope für Geflüchtete mit viel Herzblut einsetzt oder die Karmeliterin Maria Teresa, die mit geschundenen Frauen aus Afrika eine Nähwerkstatt in Palermo in Santa Chiara im Stadtteil Ballaro betreut, wo sich Joyce mit einer wunderschön gestalteten Tasche (voller Knöpfe, die ihre Familie und sie selbst als Herzknopf im Zentrum, umgeben von vielen Knopf-Personen) ein Stück menschliche Würde zurückerobert hat. Die Tasche wird mich nun in meinen Alltag begleiten und mir Kraft dafür geben, für ein Europa mit menschlichem Antlitz zu kämpfen und all den politischen Gewittern am Horizont zu trotzen.“
Sibylle Römer, Lorsch

Was mich berührt hat, was ich mitnehme:  Berührungen..... Umarmung von O., die sich um Opfer von Menschenhandel aus Nigeria kümmert. Herzlicher Händedruck mit Theresa, die "Mama" der Migranten in der Kirche von Don Carlo. Verschmitztes Schulterklopfen von dem junge  Mann in der Foresteria, als ich fragte, ob ich ihn fotografieren darf. Und viele andere mehr......Danke ür diese Reise.
Renate Leihner, Darmstadt

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