Notfallseelsorge

Unser Angebot

Die Notfallseelsorge wendet sich an alle Menschen und deren Angehörige in Krankheitssituationen, unabhängig von ihrer Lebens- & Glaubensorientierung. Außerdem begleitet sie auch das Klinikpersonal in Krisensituationen durch Gespräche oder rituelle Handlungen. Sie bewegt sich in einem interkulturellen und multireligiösen Raum, unterliegt der Schweigepflicht und ist nicht den Kliniken zur Auskunft verpflichtet! In den Kliniken gibt es in der Regel eine ökumenische Kooperation, vor allem mit der katholischen Kirche.

AngeboteÜbersicht

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

Menümobile menu

Gefahr des Burnouts?

Als Seelsorger immer erreichbar sein

PeopleImagesGottesdienst, Gemeindearbeit, Kita - Pfarrer sind für andere Menschen da. Und das oft sieben Tage die Woche.

Auch wenn Pfarrerinnen und Pfarrer am Sonntag den Gottesdienst halten - sie sind gerade werktags in Gemeinde, Schule, bei Besuchen und durch Verwaltungstätigkeiten gefordert. Zudem sind sie mit der Erwartung konfrontiert, als Seelsorger immer erreichbar zu sein. Die Kirchenleitung der EKHN beschäftigt sich daher mit dem Pfarrbild der Zukunft.

„Ach Herr Pfarrer, was ich Ihnen schon immer mal sagen wollte…“ In Kelsterbach wird Pfarrer Nico Kopf bei vielen Gelegenheiten aufgesucht. „Selbst im Supermarkt an der Kasse“, sagt er. Das ist für ihn Alltag. Denn zu den Aufgaben eines Pfarrers gehört auch die Seelsorge. Durch das Beichtgeheimnis wird er für viele Menschen zum vertrauensvollen Gesprächspartner. Aber lässt sich dieser Anspruch - ständig ein offenes Ohr zu haben, 24 Stunden, sieben Tage in der Woche - erfüllen? Die Arbeitszeiten sind nicht vorgeschrieben. Auch der Arbeitsort kann praktisch überall sein. Zwar bevorzugt Nico Kopf sein Arbeitszimmer oder die Kirche, aber ab und zu ist es auch mal der Kaffee-Klatsch mit einer älteren Dame. Auch dort arbeitet Nico Kopf. „Die Dame möchte mir damit etwas Gutes tun und mir eine Auszeit gönnen.“ Darüber freut sich auch der Pfarrer. Dennoch braucht auch er ab und an während der Woche seine ganz privaten Auszeiten.

Wie in vielen anderen Pfarrhäusern auch, liegt direkt neben dem privaten Wohnraum sein Arbeitszimmer. Dort führt er zu allen Tageszeiten Gespräche. Die Themen drehen sich beispielsweise um den Streit mit den Nachbarn, die verstorbene Mutter oder einfach die Planung der nächsten Taufe.

Ständige Erreichbarkeit – Burnoutgefahr?

Als Pfarrer immer erreichbar sein, jederzeit und egal wo? Birgt das die Gefahr des Ausbrennens im Beruf? In der EKHN gibt es Pfarrer, die von Burnout betroffen sind, bestätigt Oberkirchenrätin Ines Flemmig. Die Pfarrerin ist in der Kirchenverwaltung der EKHN als Referatsleitung im Personalservice Pfarrdienst zuständig. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber das Phänomen wird von der Kirche wahrgenommen und ernst genommen. Sie versucht daher, neue Rahmenbedingungen für Pfarrer zu schaffen, die der Burnout-Gefahr vorbeugen sollen. Eine Herausforderung, denn die Gründe für eine Burnout-Erkrankung sind in der Regel sehr vielfältig.

Großes Engagement und hohe Ansprüche

„Zum Beispiel nehme ich oft wahr, dass Pfarrer so engagiert sind und so große Ansprüche an sich selbst stellen, dass diese mit der Realität nicht zu vereinen sind. Viele arbeiten und leben so, als müssten sie mit ihrer eigenen Person für das Gelingen der kirchlichen Arbeit vor Ort einstehen.“ Als Beispiel nennt sie den Fall, wenn Gemeindeglieder aus der Kirche austreten. „Es kann dann mal vorkommen, dass es im Ort heißt, dass der Pfarrer daran schuld sei. Das begreift der Pfarrer als persönliches Versagen und er arbeitet noch mehr. Die Person selbst sowie die Familie und private Beziehungen bleiben dabei dann auf der Strecke.“

Hohe Ansprüche an sich oder seine Arbeit zu stellen, sei in erster Linie nichts Verwerfliches, meint Flemmig. Und auch solle im besten Fall immer ein Seelsorger für die Gemeindeglieder erreichbar sein. „Aber das ist nicht gleichzusetzen mit dem Gedanken: ICH soll immer erreichbar sein. Das vermittelt dem Betroffenen den Eindruck, dass ohne ihn gar nichts mehr in der Gemeinde gehe.“ Als Seelsorger ganz für andere da sein zu wollen, sieht Flemmig daher deutlich kritisch. „Die fehlende Grenzziehung kann in der Tat ein Grund für Burnout sein.“ Dass der Dienst der Pfarrer Elemente der Entgrenzung aufweist, lässt sich aber nicht verhindern. Die Balance zwischen Beruf und Privatperson sei daher nicht immer einfach zu halten. Deswegen sei es wichtig, sich auch Unterstützung von Kollegen zu holen. Außerdem, betont Flemmig, täte es den Pfarrerinnen und Pfarrern gut, Zeiten einzuräumen, sich selbst und die eigene Arbeit zu reflektieren.

Unterstützung der Kirche

Dabei können sie von der Kirche unterstützt werden. „In Fortbildungen, zum Beispiel, gehen die Pfarrer der Frage nach: Wie bekomme ich Arbeit, Familie und Freundschaften unter einen Hut? Außerdem hinterfragen wir gemeinsam mit ihnen, ob die eigenen Ansprüche an die Arbeit denn noch realistisch sind und gerade Priorität haben.“ Oberkirchenrätin Flemmig hat sich unter anderem für das Projekt 'Inspiratio' stark gemacht. Pfarrer und Hauptamtliche der Kirche sollen im Kloster Barsinghausen wieder Kraft tanken, wenn sie erschöpft sind oder ihre geistliche Berufung nicht mehr spüren. „Wenn eine Pfarrperson merkt, dass sie sich durch die Arbeit in der Kirchengemeinde überfordert fühlt, sollte sie frühzeitig reagieren und das Gespräch mit dem Dekan suchen. Ab und zu hilft auch schon ein Laufbahngespräch oder eine Studienzeit zur Regenerierung.“ 

Der Pfarrberuf der Zukunft 

Ines Flemmig ist überzeugt: „Als Arbeitgeber fragt sich die Kirche immer wieder: Wie können wir gute Bedingungen für die Pfarrer und Pfarrerinnen schaffen? Was bedeutet der Pfarrberuf in Zukunft?“ Die Kirchenleitung der EKHN bedenkt dazu erste Ansätze in Arbeitsgruppen. Das Thema: Ehren- und Hauptamtliche sollen von Verwaltungsaufgaben, die zum Beispiel Kita und Pflegeeinrichtungen betreffen, mehr entlastet werden. Dafür könnten dann entsprechende Fachkräfte eingesetzt werden. Auf der kommenden Synode wird es zu dieser Idee einen ersten Bericht geben. "Das liegt sehr im Blick der Kirchenleitung und auch der Synodalen. Pfarrer und Pfarrerinnen würden damit wieder mehr Zeit für ihre pastoralen Aufgaben bekommen."

Und somit vielleicht auch mehr private Auszeit? - Vielleicht verringern die geplanten strukturellen Maßnahmen auch die Burnout-Gefahr unter Pfarrern in der EKHN? An dieser Stelle festzuhalten bleibt, dass Pfarrer sich mehr denn je über ihr Arbeitspensum bewusst sein sollten und sich immer wieder auch mal eine Auszeit gönnen. Pfarrer Nico Kopf aus Kelsterbach schafft das. „Ich habe zum Beispiel viele Hobbies." Angefangen bei der Fotografie, über die leidenschaftliche Kaffeezubereitung, bis hin zur Musik. Kopf ist hier konsequent: "Dafür nehme ich mir Zeit und das tut mir gut. Da bin ich ganz ich selbst."

Hier geht's zum Video: Immer erreichbar sein - Pfarrer als Seelsorger

[Wiebke Heß]

Diese Seite:Download PDFDrucken

to top