Notfallseelsorge

Unser Angebot

Die Notfallseelsorge wendet sich an alle Menschen und deren Angehörige in Krankheitssituationen, unabhängig von ihrer Lebens- & Glaubensorientierung. Außerdem begleitet sie auch das Klinikpersonal in Krisensituationen durch Gespräche oder rituelle Handlungen. Sie bewegt sich in einem interkulturellen und multireligiösen Raum, unterliegt der Schweigepflicht und ist nicht den Kliniken zur Auskunft verpflichtet! In den Kliniken gibt es in der Regel eine ökumenische Kooperation, vor allem mit der katholischen Kirche.

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Jesus zu Besuch

Wie wäre das, wenn Jesus heute Herborn einen Besuch abstatten würde? Wo würde er hingehen und wo würden wir ihn treffen? Pfarrerin Claudia Sattler ahnt, es sind besondere Orte, wo Jesus Menschen aufsucht.

Nur mal angenommen, Jesus würde heute Herborn besuchen? Wo würde er hingehen und wen würde er treffen? Würde er der Bürgermeisterin einen Besuch abstatten oder in einer unserer christlichen Gemeinden vorbeischauen?

Ich vermute eher nicht. War damals auch nicht so. Mein Kollege, der in der Vitos-Klinik als Seelsorger arbeitet, sagt: Wenn Jesus heute nach Herborn kommen würde, dann würde er zu den Menschen in der Vitosklinik gehen. Das Leben dort ist dünnhäutiger und offener, vielleicht auch ehrlicher.

Und irgendwie kann ich Jesus vor mir sehen, wie er sich auf den Weg macht durch die Austraße Richtung Vitos. Wie er beim Schmaggo noch eine Pommes holt und sich im Park zu dem Mann ohne Jacke auf die Bank setzt. Ich sehe ihn seine Pommes teilen, höre ihn fragen: „Wie heißt du? Wie geht’s?“ Alles ist da. Alles darf sein.

Und dann geht der Mann ohne Jacke mit Jesus weiter, trifft die Frau am Aldi, die nicht weiß, wie sie das Geld auf die letzten Tage im Monat aufteilen soll, und den Mann mit Hund, der suchend aussieht, auch die Frau mit den zwei Kindern an der Hand –viel Deutsch spricht sie nicht – und dann gehen sie sogar am Bahnhof vorbei, treffen zwei Jugendliche, die keine Lust auf Schule haben, und laufen in eine Gruppe Best-Ager auf dem Weg zu Zarnitz.

Nur mal angenommen, sie wären alle mit Jesus gegangen, hätten sich gemeinsam an einen großen Tisch gesetzt. Wären wir auch in dieser Gruppe mitgegangen? Hätten wir diese Verschiedenheit ausgehalten? Das Parfüm und den Zigarettenrauch, die lauten Stimmen, die traurigen und wütenden Geschichten? Worüber hätten wir geredet?

Ich stelle mir vor: Jesus kocht schnell Nudeln mit Tomatensauce, teilt jedem aus und nimmt sich Zeit. Und dann fragt eine noch mal genauer nach, will die ganze Geschichte des anderen hören, ehrlich, und mit allem. Und dunkle Hände legen sich auf abgewetzte Ärmel, tätowierte Arme umfangen alte Schultern.

Beim nächsten Treffen in der Fußgängerzone grüßt man sich. Die Geschichten sind noch die gleichen. Aber der Mann mit Hund weiß, wer eine Runde Gassi mitgeht. Die Frau mit Kindern weiß, wer babysitten kann, der Mann ohne Jacke sitzt nicht mehr allein.

 

Claudia Sattler ist evangelische Pfarrerin in Herborn

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