Notfallseelsorge

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Die Notfallseelsorge wendet sich an alle Menschen und deren Angehörige in Krankheitssituationen, unabhängig von ihrer Lebens- & Glaubensorientierung. Außerdem begleitet sie auch das Klinikpersonal in Krisensituationen durch Gespräche oder rituelle Handlungen. Sie bewegt sich in einem interkulturellen und multireligiösen Raum, unterliegt der Schweigepflicht und ist nicht den Kliniken zur Auskunft verpflichtet! In den Kliniken gibt es in der Regel eine ökumenische Kooperation, vor allem mit der katholischen Kirche.

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Ohne Alkohol

Alkohol fasten - ein Erfahrungsbericht

istockphoto/Peter CernochVier alkoholische Drinks, lecker dekoriert, mit Orangen und Eis. Auf schwarzem Hintergrund fotografiert.Auch wenn die Drinks noch so lecker aussehen - Alkohol war komplett tabu!

Fastnacht ist vorbei. Jetzt beginnt die Zeit der geistlichen Besinnung. Dabei kann man Körper und Geist neu erleben. Zum Beispiel durch das Fasten. Charlotte Mattes, Redakteurin der Multimedia-Redaktion der EKHN, hat letztes Jahr sechs Wochen bewusst auf Wein, Bier und Cocktails verzichtet. Seitdem hat sie die Lust am Alkohol fast verloren, ihr Körper hat reagiert.

Nicole KohlheppCharlotte Mattes fastet gerade Süßigkeiten und kommt stark an ihre Grenzen. Auf Schokolade, Gummibärchen und süße Teilchen zu verzichten ist viel schwieriger als auf Wein und Bier.Charlotte Mattes fastet gerade Süßigkeiten und kommt stark an ihre Grenzen. Auf Schokolade, Gummibärchen und süße Teilchen zu verzichten ist viel schwieriger als auf Wein und Bier.

Es ist der 1. Januar 2017. 11 Uhr. Aufstehen. Die vielen Gläser Sekt, die Longdrinks und ganz fatal – die Feuerzangenbowle - lassen mich das neue Jahr sehr langsam angehen. Der Vorsatz, den ich mir vor diesen  sprudelnden Getränken gemacht habe, wirkt heute wie eine Erleichterung: Anderthalb Monate ohne Alkohol.

Doch schon die erste Woche wird zur Probe: ein Essen mit den neuen Nachbarn in einem gutbürgerlichen Lokal. Die Lust auf Bier ist mir nicht vergangen. Ich bestelle: Ein alkoholfreies Bier, alle anderen ein „normales“ Bier. Die selbstgewählte Abstinenz ist sofort Thema. „Du trinkst keinen Alkohol?“ Mein Nachbar ist verwundert, aber auch interessiert. Diese Reaktion zieht sich wie ein roter Faden durch meine alkoholfreie Zeit. Als Absacker bekomme ich ein Schnapsglas mit Apfelsaft. Sehr aufmerksam, aber ich fühle mich in meine Kindheit zurückversetzt. Denn Alkohol dürfen nur „die Großen“ trinken.

Nicht zu trinken ist ein größeres Thema als zu trinken

Auf das „Warum?“ erkläre ich immer wieder, dass dies ein Selbstversuch, ein Test sei. Einige bewundern diese Disziplin, andere sind auffallend irritiert. Einmal wurde ich auch direkt gefragt: „Schwanger, oder was?!“. Irgendwie ist die Frage verständlich, trotzdem hat mich dieser Punkt genervt. Mein Ziel des Selbstversuchs war es, herauszufinden, wie ich körperlich und psychisch auf den Verzicht reagiere und wie das soziale Leben ohne Alkohol funktioniert. Mein Gefühl bis heute ist: Nicht zu trinken ist ein größeres Thema als zu trinken.

Alkohol ist fast überall präsent – das heißt: Immer wieder „nein“ sagen

Immer wieder sage ich: „Nein, danke, ich faste Alkohol“ oder wähle Orangensaft statt Sekt. Das erlebe ich auf der Arbeit, wo auf einen Geburtstag oder Einstand angestoßen wird oder bei einem gemütlicher Abend mit Freunden in der Kneipe. Nicht zu vergessen sind die geschenkten Weinflaschen, die im Regal stehen und darauf warten, von mir für eine gesellige Runde geköpft zu werden.
Anfangs ist es eine Überwindung „Nein" zu einem Glas Sekt oder Wein in Gesellschaft zu sagen, weil es ungewohnt ist. Doch es wird relativ schnell normal. Also verweigere ich Weißweinsoße und stoße mit alkoholfreiem Hefe an. Im Supermarkt überspringen meine Augen das Wein-Regal und in der Kneipe die Seite mit Cocktails und Bieren. Das klappt auch gut, denn Alkohol ist einfach keine Option mehr. Als ehrgeiziger und disziplinierter Mensch möchte ich durchhalten und damit bin ich nicht allein. Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage der Krankenkasse DAK verzichten 67 Prozent der Deutschen in dieser Fastenzeit Alkohol. 

Mein Körper möchte diesen Alkohol nicht – ich bin untrainiert

Aber zu meiner persönlichen Fastenzeit gehört von Anfang an ein Deal mit mir selbst: Es gibt einen „Schummel-Tag". Denn ich weiß, dass es einen Geburtstag gibt, dort möchte ich unbedingt anstoßen. Nach 20 Tagen ohne Alkohol, kommt besagter Geburtstag meiner Freundin: Fastenbrechen. An diesem Abend trinke ich ein Glas Sekt, ein kleines Bier und einen halben Gin Tonic. Ich gehöre wieder dazu. Es fühlt sich schon gut an, wieder anstoßen zu können. Aber von wegen "Alkohol macht lustig." Mir wird übel und schwummrig. Ich fühle mich elend. Mein Körper möchte diesen Alkohol nicht. Kein Wunder, sagt Prof. Dr. Dr. Jürgen Stein. Er ist Ernährungsmediziner in den Frankfurter DGD Kliniken und erklärt das so: „Wir wissen, dass es zwei Eiweißstoffe in der Leber gibt, die für den Abbau von Alkohol zuständig sind. Die kann man trainieren. Das ist wie mit der Muskulatur, wenn Sie die nicht bewegen, dann schrumpft sie. Genauso ist es mit den alkoholabbauenden Eiweißkörpern.“ Bislang hielt ich das Trainieren von Alkoholkonsum für ein Gerücht. Weit gefehlt. Also: Ich bin völlig untrainiert und das schon nach 20 Tagen. 

Fastenbrechen mit einem halben Bier

Dieses Gefühl, beschwipst zu sein, ist jetzt anders. Durch Alkohol werde ich dumpf. Nach einem halben Bier höre ich auf und trinke einen halben Liter Apfelsaftschorle auf der Geburtstagsparty meiner Freundin. Sie wundert sich und findet es witzig, während sie an ihrem Hugo nuckelt. Wir lachen, weil ich nicht einmal ein halbes Bier schaffe. Aber da freut sich meine Leber. Ernährungsmediziner Stein erklärt, dass die  Leber zwar ein „sehr kompetentes und ausdauerndes Organ“ sei, aber unter Alkoholkonsum leide. Dieser ließe sie verfetten und sei ein häufiger Grund für Übergewicht. 

Fazit: Abgenommen und Lust an Alkohol verloren

Mein Fazit nach anderthalb Monaten ohne Alkohol: Ich habe etwas abgenommen und fühle mich gesünder. Meine Freunde und Bekannten waren alle interessiert. Sie haben positiv reagiert und mich darin bestärkt, das war ein schönes Gefühl. Aber es hat mir auch viel Willenskraft und Stärke abverlangt. Sooft „Nein!“ zu sagen, war schwer für mich. Außerdem der ständige Verdacht, dass ich schwanger sei, hat mich auch irritiert. Ich trinke wieder Alkohol, aber sehr bewusst. Seitdem schmecke ich den Sekt richtig, trinke sehr langsam und höre in mich hinein, wie ich darauf reagiere. Ich lasse auch mal ein halbes Glas stehen, wenn ich merke, dass es mir zu viel wird. Es war glücklicherweise relativ einfach durchzuhalten. Das war ein gutes Gefühl und hat mich stolz gemacht – bis heute!

Fasten

Zahlreiche Religionen und Kulturen kennen den Brauch, für einen gewissen Zeitraum auf bestimmte Speisen und / oder Getränke zu verzichten. Auch Jesus soll  40 Tage in der Wüste gefastet haben, bevor er begann, öffentlich zu wirken. Bereits im 7. Jahrhundert n. Chr. hatte die westliche Kirche die Tage und Wochen zwischen Aschermittwoch und Ostern unter Ausschuss der Sonntage als Fastentage festgelegt. In der römisch-katholischen Kirche sowie in den orthodoxen Kirchen gehört das Fasten zur religiösen Praxis. Martin Luther hatte allerdings Vorbehalten dagegen – er lehnte die Vorstellung ab, dass der Verzicht auf bestimmte Speisen als gutes Werk vor der Hölle bewahren sollte. Doch mit der Fastenaktion „ 7 Wochen ohne“ entdecken heute wieder evangelische Christen das Fasten. „Wer in der Fastenzeit auf etwas verzichtet, darf nach protestantischem Verständnis selbst entscheiden, was ihm gut tut.“ So empfiehlt die evangelische Fastenaktion die Art und Weise, wie Evangelische heute fasten können. Dabei besteht für den Fastenden auch die Möglichkeit, sich für eine religiöse Erfahrung zu öffnen, wie die Aktionsseite erklärt: „In diesem Sinne bedeutet Fasten, Gott gegenüber eine fragende Haltung einzunehmen und zu hören, was er zu sagen hat.“

Der Sinn des Fastens und seine religiöse Dimension

Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK



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