Gießen

Die Notfallseelsorge in Gießen wurde im Jahr 1996 gegründet. Sie ist damit eines der ältesten NFS-Systeme in der EKHN. Maßgeblichen Einfluss auf die Entstehung hatten zwei Ereignisse: Nach einem tragischen Hausbrand in Heuchelheim, bei dem ein Kind ums Leben kam, suchte der damalige Kreisbrandinspektor Battenberg nach einer Möglichkeit zur Einsatznachbesprechung. Er legte dabei Wert auf Pfarrpersonen als Mitarbeitende, um Professionalität und Verschwiegenheit zu garantieren. Zu dieser Zeit kam Pfarrer Christoph Stöppler in die Gießener Region. Er hatte Kontakt zu Andreas Mann, dem Gründer der Notfallseelsorge in Wiesbaden, und war daher bereits mit vielen Anforderungen vertraut. Stöppler suchte, gemeinsam mit Thomas Born und Armin Gissel, im Pfarrkonvent weitere Pfarrpersonen, die bereit waren, in der Notfallseelsorge mitzuarbeiten. Viele erklärten sich bereit, und auch Propst Klaus Eibach unterstützte das Vorhaben. Im ersten vollen Jahr ihres Bestehens, 1997, verzeichnete die Notfallseelsorge Gießen 27 Einsätze. Die Zahl stieg von da an kontinuierlich. Hinzu kam das Angebot der Stressbearbeitung nach belastenden Einsätzen (SbE®) für Angehörige der Rettungskette. Dafür kann ein Team von Notfallseelsorgenden und ausgebildeten Peers angefragt werden. Bis heute werden regelmäßig Nachbesprechungen für Rettungsdienste und Feuerwehren durchführt.

Die Notfallseelsorge in Gießen ist der alleinige Anbieter von Psychosozialer Notfallversorgung für Betroffene (PSNV-B) im Landkreis Gießen. Der Landkreis unterstützte die Notfallseelsorge auf eigene Initiative. Einmal im Jahr trifft sich die Leitung mit der Landrätin und dem Kreisbrandinspektor. Die Zusammenarbeit mit den Rettungsdiensten und Feuerwehren zeichnet sich durch Vertrauen und Flexibilität aus. Die positive gesellschaftliche Wahrnehmung der Notfallseelsorge zeigt sich darin, dass manchmal Personen gezielt die Nummer der Notfallseelsorge suchen und anrufen, obwohl die Notfallseelsorge normalerweise nur über die Leitstelle alarmiert wird.

Ursprünglich teilten sich Christoph Stöppler, Thomas Born und Armin Gissel die Leitungsaufgaben. 2002 wurde eine hauptamtliche Pfarrstelle geschaffen, die von Bernd Nagel übernommen wurde. Nagel leitete auch die Notfallseelsorge im Lahn-Dill-Kreis, knüpfte Kontakte zu Rettungsdiensten und bot Schulungen an. Ab 2009 übernahm Christoph Stöppler die Leitung, gefolgt von Hans-Theo Daum. In dieser Zeit wurde das System auch für die Mitarbeit von Ehrenamtlichen geöffnet. Inzwischen wird die Notfallseelsorge Gießen von mehreren Personen ökumenisch geleitet, seit dem 1. August 2023 ist Gemeindereferentin Michaela Ziegler vom Bistum Mainz beteiligt, seit November zusammen mit Thomas Schill als Nachfolger von Hans-Theo Daum.

Aus einem Team, in dem anfänglich nur Hauptamtliche tätig waren, wurde eines, in dem die Ehrenamtlichen heute nicht mehr wegzudenken sind. Nur dank der rund 70 Ehrenamtlichen kann die Fülle an psychosozialen Aufgaben in der Region Gießen überhaupt angeboten werden.