Vogelsberg

Der Anstoß zur Gründung der Notfallseelsorge im Vogelsberg 2001 war ein trauriger: Nach einem schweren Unglück in einem Dorf im Vogelsberg verstarb eine 19-jährige Frau. Die Angehörigen brauchten Begleitung und versuchten, eine Pfarrperson zu kontaktieren, was sich als sehr schwierig herausstellte. Es gelang ihnen, den Dekan, Dr. Volker Jung, zu erreichen, der die Familie daraufhin begleitete.

Diese Begebenheit war der Anlass für die Pfarrerinnen und Pfarrer des Dekanats, neue Strukturen aufzubauen, die sicherstellten, dass Menschen in Not seelsorglichen Beistand bekommen konnten. 

Unter den Pfarrpersonen, die das NFS-System gründeten, waren neben den Pfarrern Sven Kießling und Johannes Hoffmann auch der heutige Kirchenpräsident Dr. Dr. Volker Jung und der ehemalige Propst von Oberhessen Matthias Schmidt. Die Trägerschaft des Systems lag damals wie heute beim evangelischen Dekanat Vogelsberg, jedoch waren auch katholische Pfarrer und Mitglieder der evangelischen Stadtmission von Anfang an ökumenisch beteiligt. 

Die Ausbildung war noch nicht so umfangreich (heute umfasst sie 120 Stunden), und Ehrenamtliche konnten sich zunächst nicht in das System einbringen. Die Pfarrpersonen leisteten ihren Dienst nebenamtlich. Doch schnell wurden feste und verlässliche Strukturen geschaffen: Pfarrer Harald Wysk wurde von 2002 bis 2015 hauptamtlicher Koordinator des Systems, er baute das System weiter aus. Seit 2015 ist Pfarrer Thomas Schill mit der Leitung des Systems betraut. Er öffnete das System für Ehrenamtliche, die seitdem einen wesentlichen Teil des Dienstes leisten. Es zeigte sich, dass der Professionsmix aus Pfarrpersonen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden mit anderen Berufshintergründen ein großer Gewinn für die Arbeit der Notfallseelsorge war und ist. 

Besonders hilfreich für das vertrauensvolle gemeinsame Arbeiten in belastenden Einsätzen sind regelmäßige Supervisionen oder Fallbesprechungen sowie thematische Fortbildungen und Workshops. Und wohl genauso wichtig: Die rund 30 Mitarbeitenden unternehmen auch gemeinsame Freizeitaktivitäten, etwa bei einem Stammtisch.

Zwei Mitarbeitende sind stets in Rufbereitschaft. Fünf der insgesamt 30 Mitarbeitenden sind für Leitungsaufgaben in der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV-L) geschult. Ein spezialisiertes Nachsorgeteam begleitet die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdiensten. Die Leitungsgruppe unter Leitung von Thomas Schill trifft sich drei- bis viermal jährlich. Sie setzt sich aus Mitarbeitenden zusammen, die persönliche Kontakte zu Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdiensten haben. Aufgrund steigender Einsatzanforderungen ist geplant, diese Kontakte zu erweitern und Kooperationen mit Rettungsdiensten einzugehen. Ziel ist die effektive Bewältigung komplexer Großschadenslagen und gestiegener Einsatzzahlen.